Lineare Gleichungssysteme

1. Allgemeines zu linearen Gleichungssystemen

Ein lineares Gleichungssystem (kurz: LGS) besteht jeweils aus zwei linearen Gleichungen, die jeweils zwei Variablen vorweisen. Diese beiden Gleichungen sind gewissermaßen mit einem „und“ miteinander verbunden (in der Sprache der Mathematik gesprochen: 1. Gleichung und 2. Gleichung sind miteinander verbunden = Lineares Gleichungssystem) .

Auf zweierlei Weise wird diese Und-Verknüpfung zweier linearer Gleichungen in Mathe optisch veranschaulicht. Die gängigere Art ist hierbei die Gleichungssysteme mit römischen Ziffern zu unterteilen. Eine weitere Möglichkeit ist rechts und links der Gleichungen einen senkrechten Strich zu machen. Das signalisiert deren Zusammengehörigkeit.

Mittels drei rechnerischer oder eines grafischen (zeichnerischen) Lösungsverfahren kann bei diesen beiden linearen Gleichungen jeweils eine eindeutige Lösung ermittelt werden.

Hierbei treten drei mögliche Lösungen auf:

1.1 Eine Lösung eines Linearen Gleichungssystems

Die beiden linearen Gleichungen haben eine gemeinsame Lösung (als Funktionen dargestellt einen gemeinsamen Schnittpunkt S(x|y)).

Ergibt ein Zahlenpaar (x|y) sowohl für die 1. als auch für die 2. Gleichung des Linearen Gleichungssystems eine wahre Aussage, so stellt das Zahlenpaar eine Lösung des Linearen Gleichungssystems dar.

Beispiele:

I.     4x + 2y = 4

II.    12x + 4y = 12

Es ist für das LGS folgende Lösung gegeben: L = {1|0}

Probe:

I.     4  · 1 + 2 · 0 = 4

II.    12 · 1 + 4 · 0 = 12

I.     4 = 4

II.    12 = 12

Die Probe bestätigt die Richtigkeit von L = {1|0}. Somit weist das LRS eine einzige Lösung auf.

1.2 Keine Lösung eines Linearen Gleichungssystems

I.     3x + 2y = 0

II.    –9x + 4y = –5

Lösung: 

Lösungsmenge Lineares Gleichungssystem

Probe:

I.    

Lösung in erste Gleichung eingesetzt

II.     

Lösung in zweite Gleichung eingesetzt

Die Probe bestätigt, dass die Falschheit von der Lösung. Somit weist das LRS für das gegeben Lösungspaar keine Lösung auf.

I.     1 – 1 = 0

II.    –3 – 2  =  –5

I.     0 = 0

II.    –5 = –5

2. Die beiden linearen Gleichungen haben keine Lösung (als Funktionen dargestellt verlaufen diese parallel).

Liefern die linearen Gleichungssysteme stets eine unwahre Aussage, so weist das lineare Gleichungssystem keine Lösung auf. Die Lösungsmenge ist dann die leere Menge.

Beispiele:

I.    4x + 2y = 4

II.   4x + 2y = 8

I.   5x + 4y = 9

II.   5x + 4y = 12

Ein lineares Gleichungssystem liefert immer dann keine Lösung, wenn die Variablen beider Gleichungen stets den gleichen Faktor vorweisen, sich aber von der „nackten“ Zahl her unterscheiden.

1.3 Unendlich viele Lösungen eines Linearen Gleichungssystems

Die beiden linearen Gleichungen haben unendlich viele Lösungen (als Funktionen dargestellt sind diese identisch).

Liefern die beiden linearen Gleichungssysteme bei jeder Einsetzung eine wahre Aussage, so gibt es unendlich viele Lösungen. Die Lösungsmenge ist dann die Menge aller reellen Zahlen.

Beispiele:

I.    4x + 2y = 4

II.    4x + 2y = 4

I.   12x + 3y = 5

II.   12x + 3y = 5

Ein lineares Gleichungssystem hat immer dann unendlich viele Lösungen, wenn die Variablen beider Gleichungen stets den gleichen Faktor vorweisen und ebenfalls bei beiden Gleichungen die „nackte“ Zahl gleich ist.

Lineare Gleichungssysteme können mittels verschiedener Lösungsverfahren gelöst werden. Die drei rechnerischen Lösungsverfahren, mithilfe jedes lineare Gleichungssystem gelöst werden kann, heißen hierbei

  • Gleichsetzungsverfahren
  • Einsetzungsverfahren
  • Additionsverfahren

Das wichtigste aller drei rechnerischen Lösungsverfahren ist das Additionsverfahren, da es später in der Oberstufe beim Matrizen-Rechnen wieder abgerufen werden können muss.

2. Das Gleichsetzungsverfahren

Gegeben sind folgende Gleichungen

I.     4x + 2y = 4

II.     12x + 4y = 12

  • Beim Gleichsetzungsverfahren müssen nun beide linearen Gleichungen zunächst nach „ y“ aufgelöst werden.

I.     4x + 2y = 4                 |    – 4x

I.      2y = 4 – 4x                |   : 2

I.       y = 2 – 2x

II.     12x + 4y = 12            |    – 12x

II.     4y = 12 – 12x            |   : 4

II.     y = 3 – 3x

  • Als nächstes werden beide nach „y“ hin aufgelösten Gleichungen gleichgesetzt. Hierdurch eliminiert man die beiden „y“.

I. = II.   2 – 2x = 3 – 3x

  • Jetzt löst man die Gleichung nach „x“ hin auf.

I. = II.   2 – 2x= 3 – 3x       |   + 3x

I. = II.    2 + x = 3               |   – 2

I. = II.          x = 1

  • Um „y“ zu bestimmen, muss man nun den ermittelten „x“-Wert in eine der beiden Anfangsgleichungen einsetzen.

I.     4 · (1) + 2y = 4

I.     4 + 2y = 4            |   – 4

I.     2y = 0                  |   : 2

I.       y = 0

Auch das Einsetzen der Lösung x = 1 bei der II. linearen Gleichung des LGS hätte das gleiche Ergebnis y = 0 ergeben.

  • Zum Schluss muss noch die Lösungsmenge angegeben werden.

L = {1|0}

Vorgehensweise beim Lösen eines LGS mittels des Gleichsetzungsverfahrens

  1. Zuerst löst man beide Gleichungen zu einem gemeinsamen Term hin auf, entweder zu x oder y.
  2. Durch das Gleichsetzen beider Gleichungen, erhält man eine Gleichung, die nur noch eine Variable vorweist. Ein Ursprungsgleichung behält man normalerweise bei. Man kann diese aber auch erst am Ende, wenn man die Lösung der ersten Gleichung ermittelt hat, wieder aufgreifen, und zwar wenn man die beiden Gleichungen des LGS mit römischen Ziffern unterteilt. 
  3. Die Gleichung mit einer Variablen löst man nun nach der Variablen hin auf. Diese Lösung bildet eine Koordinate des Lösungspaares.
  4. Die sich ergebende Lösung bzw. Koordinate setzt man in eine der beiden Ursprungsgleichungen des LGS ein. Indem man die Gleichung nach dem anderen Term hin auflöst, erhält man die zweite Koordinate.
  5. Eine Probe bestätigt die Lösung des LGS.
  6. Die Lösung gibt man mittels einer Lösungsmenge wieder.

3. Das Einsetzungsverfahren

I.     4x + 2y = 4

II.     12x + 4y = 12

  • Beim Einsetzungsverfahren muss zunächst eine lineare Gleichung entweder nach „x“ oder „y“ hin aufgelöst werden.

I.     4x + 2y = 4             | – 4x                         

I.              2y = 4 – 4x    | : 2

I.                y = 2 – 2x

Die nach einer Variablen hin aufgelöste Gleichung wird nun in die andere Gleichung eingesetzt. Je nach aufgelöster Variable wird der gesamte Term auf der anderen Seite der Gleichung in die gleiche Variable der anderen Gleichung eingesetzt. Hierdurch eliminiert man eine Variable.

Man sollte möglichst immer die Variable einer Gleichung separieren, mit der dies am einfachsten zu realisieren ist. Dadurch entgeht man der Gefahr einer falschen Gleichungsauflösung.

I. in II.      12x + 4 · (2 – 2x) = 12

Wenn der aufgelöste Term der aufgelösten Gleichung aus zwei Einzeltermen besteht, muss um diese beim Einsetzen in die Variable der zweiten Gleichung eine Klammer gesetzt werden.

I. in II.      12x + 8 – 8x  = 12

I. in II.               4x + 8   = 12         | – 8

I. in II.                       4x = 4            | : 4

I. in II.                         x = 1

  • Um den „y“-Wert des linearen Gleichungssystems zu bestimmen, setzt man nun den ermittelnden „x“-Wert in eine der beiden Anfangsgleichungen des LGS.

II.     12 · (1) + 4y = 12

II.             12 + 4y = 12                  |    – 12

II.                      4y = 0                    |    : 4

II.                        y = 0

  • Zum Schluss muss noch die Lösungsmenge des LGS angegeben werden.

L = {1|0}

Vorgehensweise beim Lösen eins LGS mittels des Einsetzungsverfahrens

  1. Zuerst muss man den Term einer Gleichung nach einer Variablen hin separieren, z. B. nach x, y. Hierbei ist es wichtig, dass man eine Variable nimmt, die sich möglichst leicht separieren lässt.
  2. Darauf wird die aufgelöste Gleichung in die andere Gleichung eingesetzt, genau dort, wo genau die Variable auftritt, die man vorher separiert hat. Darauf löst man diese Gleichung nach der noch vorhandenen Variablen hin auf. Die andere Gleichung behält man normalerweise bei. Es ist aber genauso gängig, einfach beide Gleichungen mit einer römischen Ziffer zu versehen.
  3. Das Ergebnis stellt eine Lösungskoordinate dar. Eine Gleichung mit zwei Variablen bleibt unverändert beim LGS mit dabei. Man kann diese aber auch stets erst am Schluss, wenn man die erste Lösungskoordinadete in die andere Ursprungsgleichung einsetzt, heranziehen.
  4. Die Lösung der einen Gleichung wird in die Variable der anderen Ursprungsgleichung des LGS eingesetzt. Diese löst man nun nach der noch vorhandenen Variablen auf. Das Ergebnis ist die zweite Lösungskoordinate.
  5. Die Probe bestätigt die Richtigkeit beider Lösungskoordinaten. Anschließend gibt man die Lösungsmenge des LGS an.

4. Das Additionsverfahren

  • Beim Additionsverfahren erfolgt eine Addition zwischen den beiden Gleichungen des LGS. Hierfür ist es in der Regel notwendig, eine Gleichung oder beide Gleichungen mit einer Zahl, die ungleich null ist, malzunehmen. Es muss hierbei immer die gleiche Zahl erzeugt werden, aber jeweils mit umgekehrten Vorzeichen, die vor der eliminieren wollenden Variablen steht. Dies ist gewährleistet, wenn man einen (positiven oder negativen) Faktor findet, der die zu eliminierende Zahl ergibt.

I.     4x + 2y = 4

II.     12x + 4y = 12

  • Will man nun bei der 2. Gleichung des LGS das „12x“ eliminieren, so muss man die 1. Gleichung mit „ –3“ malnehmen. Jeder Einzelterm muss hierbei mit dem Faktor malgenommen werden!

I.     4x + 2y = 4                                               | · (–3)

I.     4x · (–3) + 2y · (–3) = 4 · (–3)                 | · (–3)

I.    –12x – 6y = –12

  • Durch das Malnehmen der 1. Gleichung mit „–3“ erhält man „–12x“, also die vom Vorzeichen umgekehrte Zahl der eliminieren wollenden Variablen „12x“ der 2. Gleichung. Jetzt kann eine Addition der 1. Gleichung mit der 2. Gleichung erfolgen. Hierzu muss jeder gleiche Einzelterm der 1. Gleichung mit jedem gleichen Einzelterm der 2. Gleichung addiert werden.

Hierbei ergeben sich folgende Additionen „–12x“ + „12x“ = 0. „–6y“ + „4y“ = „–2y“ und „–12“ + „12“ =0

I.        –12x – 6y = –12

I. + II.            –2y = 0

  • Dadurch, dass sich durch die Addition der 1. Gleichung mit der 2. Gleichung die Variable „12x“ der 2. Gleichung eliminieren hat lassen, ergibt sich nun eine Gleichung mit der einen Variablen „y“. Bei dieser Gleichung kann man nun durch eine einfache Äquivalenzumformung das „y“ bestimmen.

I.        –12x – 6y = –12

I. + II.            –2y = 0      |   : (–2)

I. + II.                 y = 0

  • Um den „x“-Wert des LGS zu bestimmen, setzt man den ermittelnden „y“-Wert in eine der beiden Ursprungsgleichungen des LGS ein.

II.      12x + 4 · (0) = 12

II.                     12x = 12        |   : (12)

II.                          x = 1

  • Als letztes muss man noch die Lösungsmenge des LGS angeben. L = (1/0)

Wie man sieht, kommt bei jedem Lösungsverfahren die gleiche Lösungsmenge heraus. Das muss auch so sein, da das LGS bei allen drei Lösungsverfahren jeweils das Gleiche war.

5. Das grafische Lösungsverfahren eines linearen Gleichungssystems

Zum grafischen Lösen eines Linearen Gleichungssystems geht man folgendermaßen vor:

1. Zuerst formt man beide Gleichung so um, dass man sie ganz einfach in ein Koordinatensystem einzeichnen kann (bei der Umformung und dem Einzeichnen orientiert man sich an der nach y aufgelösten Form einer linearen Gleichung). Jeder Graph besteht immer aus einer Geraden.

Zum Einzeichnen einer linearen Gleichung in ein Koordinatensystem siehe auch: Funktionen/Lineare Funktionen 5. Das Zeichnen von linearen Funktionen an.

2. Normalerweise ergibt sich ein Schnittpunkt zweier Geraden als Lösung des Linearen Gleichungssytems. Der Schnittpunkt ist immer eine Zahlenpaar (x/y) und gleichzeitig die Lösung beider Gleichungen des Linearen Gleichungssystems.

3. Als Lösungen kann es aber auch keine Lösung geben sowie unendlich viele Lösungen. Bei keiner Lösung verlaufen die beiden Geraden im Koordinatensystem immer parallel. Bei unendlich vielen Lösungen liegen die beiden Geraden aufeinander bzw. sind identisch.

4. Anschließend sollte immer zur Bestätigung der grafischen Lösung eine Probe durchgeführt werden. Hierfür setzt man die Lösung in beider Gleichungen des Linearen Gleichungssystems ein.

Beim Ablesen des Schnittpunktes/des Zahlenpaares aus dem Koordinatensystem können immer Ungenauigkeiten auftreten. Das kann an einem etwas ungenauem Zeichnen liegen oder an einem Schnittpunkt, der nicht ganzzahlige Werte vorweist. Die Probe zeigt schließlich eindeutig auf, ob die Lösung stimmt oder nur eine Näherungslösung vorliegt. Liegt eine Näherungslösung vor, so gibt man diese folgendermaßen wieder: x ≈ … und y ≈ …

5.1 Grafische Lösung eines linearen Gleichungssystems mit einer Lösung

Als Erstes löst man beide Gleichungen des linearen Gleichungssystems nach y hin auf.

 I.   x + y = 1

II.   2x – y = 8

I.    x + y = 1                 | – x

I.    y = –x + 1

II.    2x – y = 8      | – 2x

II.   –y = –2x + 8           |   · (–1)

II.   y = 2x – 8

Graphische Darstellung einer Lösung eines linearen Gleichungssystems

Da beide Geraden eine unterschiedliche Steigung vorweisen, schneiden diese sich in einem Punkt. Der Schnittpunkt stellt die Lösung des linearen Gleichungssystems dar. Dieser ist hier: S (3/–2). Daher ist hier die Lösung des linearen Gleichungssystems: L = {(3/–2)}.

Die Probe bestätigt die Richtigkeit der graphischen Lösung:

 I.   3 + (–2) = 1

II.   2 · (3) – (–2) = 8

I.    3 – 2 = 1

II.   6 + 2 = 8

I.    1 = 1

II.    8 = 8